Die Gesetze und Vorschriften in der Mongolei stammen teils noch aus der kommunistischen Ära, insbesondere das Kontrollsystem. Nach dem langen und harten Winter kommen jährlich 20 bis 30 Kontrollpersonen, meist Frauen, zu uns. Es sind immer etwa zehn bis zwölf Prüfer, die oft Kollegen, Freunde oder Verwandte mitbringen. Das hat zum Teil den Grund, dass es bei uns etwas Gutes zu essen gibt, was hier üblich ist, aber auch weil wir wahrscheinlich eine interessante Organisation sind, die vieles anders macht als andere Heime. So kommen immer viele Menschen zur Kontrolle.

Doch leider kommen die „Kontrolleure“ nicht, um zu sehen, ob es den Kindern gut geht, sondern eher, um an Kleinigkeiten herumzunörgeln – Entschuldigung, aber manchmal suchen sie wirklich nach Haarspaltereien. So wurde uns etwa geraten, sowohl ein Fernsehzimmer als auch ein Computerzimmer einzurichten. Oft wird auch mit der Schließung unserer Einrichtung gedroht, in der Hoffnung, dass wir Schmiergeld zahlen, nur weil wir Ausländer sind. Das haben wir jedoch nie getan und werden es auch in Zukunft nicht tun – zumal wir das Geld dafür sowieso nicht haben. Doch da wir gute Arbeit leisten und Arbeitsplätze sichern, haben wir immer geglaubt, dass diese Drohungen leer sind. Allerdings sehen wir nun, dass tatsächlich einige Heime geschlossen wurden.

Die Regierung plant, mit ausländischer Hilfe ein neues Kinderheim für 500 Kinder zu bauen. Wie das funktionieren soll, bleibt uns ein Rätsel. Wir haben bereits mehrere staatliche Heime besucht. Einige kleinere Einrichtungen waren ordentlich, aber die Atmosphäre dort war kalt und wenig einladend. In einem anderen Heim, das sich über vier Stockwerke erstreckte, war die Situation noch unangenehmer. Es wurde von Polizisten bewacht, fast wie ein Kindergefängnis. Wir durften nicht alle Räume betreten, aber in den Räumen, in denen wir waren, gab es fast keine Spielsachen – höchstens ein paar Stofftiere in einem Regal an der Wand. Mit einem 13- oder 14-jährigen Jungen haben wir dann mit mitgebrachten Materialien Figuren aus Papier gebastelt. Die Interaktion zwischen den „Erziehern“ und den Kindern schien dort sehr selten. Die Erzieher schienen mehr Aufpasser als tatsächliche Betreuer zu sein.

Ich glaube, hier sollte ein deutscher Fernsehsender einmal drehen, aber die Genehmigung dafür würde man vermutlich ein „hundert Jahre“ lang warten müssen.

Horst Beste